Yachtsegeln - 211-sail.de
Infos - Austausch - Hafenkino.

AIS für Charter

Auswahl eines AIS - B - Senders für die Nutzung auf Charterbooten

Ich habe es in meinen Törnberichten schon geschildert und manche von Euch werden eigene Erfahrungen gemacht haben:

AIS-Sender sind ein notwendiges Instrument bei Nachtfahrten oder unsichtigem Wetter und dienen der eigenen Sicherheit.
Nur wer seine Schiffsposition, Richtung und Geschwindigkeit den anderen Schiffen in der Nähe elektronisch übermittelt, wird auch rechtzeitig erkannt und hat eine gute Chance, dass keine kritischen Nahbereichs-Situationen entstehen, weil die anderen Schiffe auch das eigene Ausweich-Verhalten viel besser wahrnehmen können.

Was kostet ein AIS-Sender?
Ca. 400 € bis 1.300 € zzgl. möglicher Einbaukosten vor Ort durch den Techniker.
Existieren AIS-Sender für den wechselnden Einsatz auf Booten?

Nicht wirklich. Alle Geräte sind eigentlich für den Festeinbau konzipiert, daher die Auswahl von Geräten, die bzgl. Bauform möglichst kompakt sind.

Alles von mir betrachteten Geräten und Ergebnisse: siehe unten ganz am Ende dieses Artikels.


Was ist AIS?

AIS bedeutet: Automatic Identification System
AIS ist ein von der IMO seit ca. 2000 anerkannter Standard für die Berufs- und Freizeit-Schifffahrt und dient der Kollisionsvermeidung von Schiffen.
Dabei senden die Schiffe ihre Fahrtdaten und Identifikationsdaten über UKW-Funk auf 2 festgelegten Frequenzen (Kanäle 87B u. 88B - 161,975 u. 162,025 MHz), die im Bereich der normalen VHF/UKW-Seefunkfrequenz-Bänder liegen und somit für das Senden und Empfangen dieselbe Antenne, wie für das Funkgerät genutzt werden kann.
Für Berufsschiffe incl. Behördenschiffe (Militär, Küstenwache, Rettung, usw.) wird auf dem ersten Kanal (87B) das sogenannten AIS-A Signal/Protokoll gesendet.
Die Freizeitschifffahrt benutzt den zweiten Kanal (88B) und sendet das sogenannten AIS-B Signal/Protokoll.
Auf Berufsschiffen bzw. AIS-A-Systemen kann der Empfang von AIS-B-Signalen unterdrückt werden. AIS-B-Empfänger können keine Empfangs-Signale unterdrücken.
D.h., die Berufsschifffahrt hat die Möglichkeit die Sportschifffahrt aus der Anzeige auszublenden.

Wie weit sind Schiffe über AIS sichtbar?

Die Reichweite für AIS-A-Signale beträgt ca. 25 sm. AIS-A-Transmitter haben eine Sendeleitung von 12,5 Watt.
Die Reichweite für AIS-B-Signale ist sehr variabel und hängt ganz stark von der Antennenhöhe ab.
Da AIS-B nur mit 2 Watt bzw. 5 Watt sendet, endet sie in der Regel bei 5-7 bzw. 10-12 sm, alleine schon aufgrund der geringeren Sendeleistung.

Wie verlässlich ist AIS?

Die AIS-Geräte sind immer mit einer GPS-Antenne verbunden und zeigen die Position auf <10 m, z. T. auch < 2m an.
Da in bestimmten Regionen oder an bestimmten Orten aus verschiedenen Gründen (Unterseekabel, bewußte Störung des GPS-Empfangs durch Miltär oder Sicherheitsdienste) die GPS-Dienste bewußt gestört / manipuliert werden, besteht immer auch die Gefahr einer vom System nicht erkannten GPS-Störung.
"Normale" Empfangsprobleme mit dem GPS erkennt das Gerät automatisch (Stichwort: HDOP-Wert).
Damit sind die Standortdaten bzgl. der Genauigkeit sehr hoch, aber nicht unbedingt aktuell !!

Grund sind die verschiedenen Sende-Intervalle. Es gibt 2 Sendeverfahren: CSTDMA und SOTDMA (bitte im Internet bei Interesse die Details nachlesen).
Kurz gefasst: CSTDMA für Freizeitschiffart (AIS-B -Sender) sendet nur wenn kein anderer sendet und kann bis zu 3 Minuten Versatz für jede AIS-Sendung haben.
SOTDMA für Berufsschifffahrt (AIS-A-Sender) und neuere AIS-B-Sender mit SOTDMA-Unterstützung senden im Bereich von 6 - 10 Sekunden, maximal 30 Sekunden und muss nicht auf einen freien Sende-Slot warten, sondern dieser wird bereits vorab reserviert.

AIS-Positions- und Kursdaten der Berufsschiffe sind also in aller Regel sehr aktuell.

Wo sieht man AIS-Daten?

Die AIS-Daten (egal ob AIS-A oder -B) werden auf dem Plotter (Navigations-Gerät) des Schiffs angezeigt als kleine Schiffs-Symbole. Das Symbol und alle weiteren zusätzlichen Funktionen sind bei jedem Plotter konfigurierbar. Einheitlich ist, wählt man ein solches angezeigtes Schiffs-Symbol aus, bekommt man dessen Namen, Rufzeichen, Länge, Breite, Fahrtrichtung, Geschwindigkeit über Grund und Art des Schiffs angezeigt. Man kann Zonen (Abstände rund um das eigene Schiff) festlegen, bei denen ein akustisches Warnsignal ausgegeben wird, sobald sich ein AIS-Objekt in diesem Bereich befindet.
Sofern Funkgeräte über eine Anzeigefunktion verfügen, kann man sich diese Informationen auf auch den VHF-Funkgerät oder auf neueren Handfunkgeräten ebenfalls anzeigen lassen.

Abstimmung über das eigene Ausweichverhalten ggf. über DSC-Funkverbindungsaufbau mittels AIS-Daten?

Ist das eigene Funkgerät DSC-fähig (das sind inzwischen alle aktuellen Funkgeräte auf Schiffen) und im Boardnetz mit eingebunden (auch das ist inzwischen Standard), kann man durch einen Tastendruck auf den Plotter oder im Funkgerät sofort eine Funkverbindung mit dem ausgewählten Schiff aufbauen, ohne das man es per Sprache anfunken muss. Wenn das Schiff dann den Funkruf beantwortet, muss man natürlich mit dem anderen Schiff ganz normal per Sprachfunk sprechen.
So kann man im offenen Seeraum insbesondere großen Containerschiffen und Frachtern frühzeitig einen Hinweis geben, das man existiert, so dass sie einen wahrnehmen.
In dicht befahrenen See- und Küstengebieten senden auch größere Tonnen AIS-Signale aus. Die bitte nicht zum Ausweichen auffordern 😅.

Senden alle AIS-Geräte die eigenen Positionsdaten?

NEIN! Und das ist der Grund für diesen Artikel.
In der Berufsschifffahrt muss gesendet werden (Ausnahme: Behördenschiffe in besonderen Einsatzfällen).
In der Freizeitschifffahrt darf man auch völlig ohne ein AIS-Gerät unterwegs sein und ausschließlich "auf Sicht" fahren. Auch ausrüstungspflichtige Yachten ab 12 Metern müssen kein AIS-System besitzen (weder senden noch empfangen). Die sog. Ausrüstungspflicht regelt lediglich die Licherführung. Für Freizeitschiffe, die nicht gewerblich genutzt werden, gibt es bzgl. AIS keine Vorgaben.

Dementsprechend gibt es zahlreiche Varianten von reinen AIS-Empfängern mit einem großen Preis-Spektrum z. T. unter 100 EUR.
Diese Geräte können aber nicht senden!
D.h., man wird via AIS von niemanden gesehen. Insbesondere Nachts, im Nebel oder beim Queren von Verkehrstrennungsgebieten auf der Nordsee/Kanalküste/Ostsee wird man von keinem Berufsschiff elektronisch wahrgenommen.
Wenn also ein reines AIS-Empfangsgerät an Board verbaut ist, hilft das lediglich dabei die anderen Schiffe rechtzeitig selbst wahrzunehmen und sie anzufunken und darauf einzuwirken, dass sie ihrer Ausweichpflicht nachkommen können.
Die sog. Tragweite (Entfernung für die Sichtbarkeit von Lichtern) der Positionslichter bei Segelyachten (unter 20m) beträgt gem. BSH/IMO-Vorschriften lediglich 2-3 sm. Man wird von Containerschiffen und Frachtern daher erst optisch erkannt, wenn es für ein Ausweichmannöver für diese Schiffe schon längst zu spät ist.
Ein Frachter benötigt für eine Kursänderung bei 16 kn Fahrt mind. 3-4 sm.
D.h., wer nicht selbst per AIS sendet, wird schlicht überfahren, wenn er auf sein Kurshalte-Recht besteht.
Und auch die Verkehrsleitzentralen (z.B. im Bereich der Elbe oder der Kanalküste) können dich nicht unterstützen, da sie nicht sehen, wo du bist.
Das Radar-Echo einer Segelyacht ist so gering, dass es kaum wahrgenommen wird.


Sind AIS-Sender in Charter-Yachten verpflichtend bzw. was bedeutet es, wenn der Vercharterer angibt: AIS vorhanden?

AIS ist auf Charteryachten nicht vorgeschrieben. Die Ausstattung mit AIS sagt nichts darüber aus, ob es ein reiner AIS-EMPFÄNGER oder auch ein AIS-SENDER ist.
Die Nachfrage beim Vercharterer ist daher unbedingt erforderlich, wenn man es wissen möchte.
Meine Erfahrung: nur gute Vercharterer kennen die Ausstattung ihrer Boote bzgl. AIS-Empfänger oder Sender.
Ich habe mehrfach die Info vom Personal bei der Anmietung erhalten, die Yacht habe aktives (= sendendes) AIS. Vor Ort stellte sich heraus, das AIS ist passiv (=nur empfangend).
Grund ist, dass die Geräte einmalig eingebaut werden und im Boot selbst nirgends erkennbar ist, ob man lediglich empfängt oder auch sendet.

Wie erkenne ich, ob eine Yacht mit aktivem AIS ausgestattet ist?

Lasst Euch den Rufnahmen (Callsign) und die MMSI der Segelyachten geben, für die ihr Euch beim Vercharterer interessiert.
Ruft mit diesen Angaben eine Anwendung wie z. B. "Vessefinder" oder "myshiptracking" auf und sucht nach dem Schiff. Findet ihr es, verfügt die Yacht mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen AIS-Sender. Findet ihr es nicht, dann geht davon aus, dass der Vercharterer in diesem Punkt leider technisch nicht so fit ist zwischen Sendern und reinen Empfänger-Geräten unterscheiden zu können und sucht eine Alternative (z. B. die Mitnahme eines eigenen AIS-Senders).


Darf man einen eigenen AIS-Sender (Transmitter / Transceiver) mitbringen?

WICHTIGER HINWEIS!

Ihr dürft das Charterboot nur mit Zustimmung des Vercharterers technisch modifizieren.
Die Modifikation, die der Einbau eines AIS-Senders mit sich bringt, ist geringfügig und völlig rückstandsfrei auch wieder in den Altzustand zu versetzen.
Daher ist ein temporärer Einsatz möglich, wenn der Techniker zustimmt.

Die Registrierung des konkreten AIS-Senders für das Schiff ist nicht erforderlich. Es gibt keine Registrierungspflicht bei der Bundesnetzagentur für den spezifischen AIS-Sender auf einem Boot. Das ist lediglich für das Funkgerät erforderlich.
Aber es muss vom Eigner die Anzahl der vorhandenen AIS-Sender bei den Angaben zur Zuteilungsurkunde mitgeteilt werden, da es sich um eine Sendeeinrichtung handelt, die am Seefunk teilnimmt. Insofern eine Grauzone.

Definitiv darf man aber keine Angaben zu Schiffsname, Callsign und MMSI machen, die nicht mit dem Schiff übereinstimmen, auf denen das Gerät im Einsatz ist.
Das wäre ein Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben und führt mindestens zu Geldstrafen.

Das vorausgeschickt ist also die Notwendigkeit gegeben, die Boots-Identifkationsdaten (Schiffsname, Callsign, MMSI) und ggf. ergänzende Angaben zum Einbauort der GPS-Antenne bedarfsweise anzupassen.
Bei den allermeißten AIS-Sendegeräten ist diese Eingabe nur einmalig durch den Endkunden möglich und bedarf bei einer Änderung einer Einsendung des Gerätes an den Hersteller oder einen Vertriebsstützpunkt (Fachhändler).
Wer also die Mitnahme einer mobilen Sendeeinheit erwägt, muss im Vorfeld diese Angaben zum Schiff haben und einen Fachhändler, der die Änderungen durchführen kann. Die Kosten für eine Änderung der Identifikationsangaben sind nicht standardisiert, liegen aber meist im Bereich von 30-50 EUR.


Geräteauswahl und Kriterien

Ich habe mir Geräte angeschaut, die nicht zu teuer sind, eine kompakte Bauform besitzen, die eine NMEA2000-Schnittstelle paralle zur NMEA-0183 als Datenschnittstelle besitzen und für die es auch einen Anbieter in Deutschland gibt.

Gerätename Hersteller-Link Preis (Stand 11.2024) *1) Protokoll / Sendeleistung
SOTDMA / CSTDMA
Antennenweiche integriert GPS-Antenne integriert / im Preis enthalten Wlan / Bluetooth
NOMAD2

https://digitalyacht.de

https://digitalyacht.de/product/nomad/

1.075 EUR CSTDMA / 2 W Nein Nein / Ja Ja / Nein
AMEC - WideLink B600S

https://www.alltekmarine.com/

https://www.alltekmarine.com/products/ais-class-b-so

900 EUR SOTDMA / 5 W Ja Nein / Ja Nein / Nein
CTRX Vision+ WIFI

https://shiptrontrading.com

https://shiptrontrading.com/product/true-heading-ctrx-visionplus-class-b-transceiver/

1.100 EUR SOTDMA / 5 W Ja Nein / Ja Ja / Nein
CAMINO-108W

https://www.alltekmarine.com

https://www.alltekmarine.com/products/ais-class-b-cs/CAMINO-108W

650 EUR CSTDMA / 2 W Nein Nein / Ja Nein / Nein
B954

https://em-trak.com/

https://em-trak.com/b900-series/

1.150 EUR SOTDMA / 5 W Ja Ja / - Ja / Ja
KS-200A+

https://onwamarine.com/ks-200aplusais-transponder/

400 EUR*) SOTDMA / 5 W Nein Nein / Ja Ja / Nein
XA-201

https://www.xinuo.com

https://www.xinuo.com/en/product-11102-11417-146390.html

640 EUR CSTDMA / 2 W Nein Nein / Ja Ja / Ja
Watcheye B PRO

https://watcheye.nl

https://watcheye.nl/en/products/watcheye-b-class-ais-transponder-pro

950 EUR SOTDMA / 5 W Nein Ja / - Ja / Nein

*) ONWA-Marine hat nur einen Vertriebspartner im Norden von Deutschland / Der Preis ergibt sich durch die Bestellung eines Bundles aus KS-200A+, GPS-Antenne (Wurfantenne), GPS-Antenne vom Typ KA-09 und Antennen-Splitter bei Direktbestellung beim Hersteller incl. Versand und Zoll. ONWA ist das einzige Gerät, dass eine jederzeitige eigenständige Anpassung der Identifikationsdaten erlaubt, also keine Folgekosten durch Neuprogrammierung auslöst.

*1) Die Preise sind Internetpreise aus verschiedenen Anbieterquellen von Fachhändlern via Google-Suche (keine Ebay-Preise) Stand 11.2024. Sie geben nur einen groben Anhaltspunkt und müssen im Einzelfall eigenständig geprüft werden.

Schaut Euch die Geräte einmal bei den Herstellern an.

Ich habe mir das KS-200A+ - AIS-Gerät von ONWA-Marine gekauft, da es vom Preis-Leistungsverhältnis am günstigsten war.
Es besitzt die aktuellsten AIS-Standards mit hoher Sendeleistung und SOTDMA-Verfahren, ist über WLan an mein Tablet anschließbar aber auch im NMEA-Boardnetz einfach integrierbar. Es erfordert aber technische Kenntnisse für den initialen Zusammenbau, da ich auch hier - wie auch bei den deutlich teureren Geräten - einen Antennensplitter als separate Einheit verwenden muss.

Wer ein kompaktes und leicht zu installierendes Gerät mit deutschem (oder niederländischem) Support sucht, dem würde ich das B954 von em-trak oder das Watcheye B Pro empfehlen. Beide senden im 5 Watt-Betrieb über SOTDMA-Verfahren was eine moderne Sendearchitektur mit guter Sichtbarkeit bringt. Sie besitzen als einzige Geräte eine integrierte GPS-Antenne. Beide bieten WLan und damit einen direkten Zugriff für z. B. die Navionics-App. Das B954 hat den Vorteil, dass die Antennenweiche für die UKW-Antenne bereits integriert ist und nicht noch hinzugekauft werden muss.

Das NOMAD2 wird vom Hersteller als mobiles Charteryacht-Gerät beworben. Es hat aber noch die alte CSTDMA Technik mit 2 Watt Sendeleistung und keine Antennenweiche, wird optional mit einer eigenen mobilen GPS/UKW-Antenne betrieben. Dafür war mir am Ende der Preis dann doch noch zu hoch im Vergleich zum B954, Watcheye B PRO oder meiner KS-200A+ - Lösung, da die mobile UKW-Antennenlösung beim NOMAD2 die Reichweite aufgrund der extrem niedrigen Antennenhöhe deutlich reduziert, zumal nur mit 2 Watt gesendet wird. Das muss man letztlich selbst gegen den Preis abwägen.