Ziel des Törns war die Erkundung des Azoren - Archipels mit seinen 9 Inseln sowie Madeira und Porto Santo.
Technische Zusammenfassung:
Yacht: BAVARIA 41 Cruiser
Ausstattung: aktives AIS, vollständiger Werkzeugsatz und
Ersatzteil-Satz für Motor und stehendes Gut (Impeller, Öl,
Schekel, Schrauben, Dichtungen) sowie Reparatur-Material für
Segel, ausreichend Leinen, Heckanker, Dingi mit Außenborder,
Medizin/Boardapotheke gem. IMO-Standard für kleine Boote
(Yachten), Notfallset mit Rettungsinsel, ausreichend Pyro
(Raketen, Fackeln), Sateliten-Telefon (Mobiles Iridium)
Törn-Zusammenfassung:
Dauer: 6 Wochen
Strecke: ca. 2.110 sm
An-/Ablegemanöver: 26 / 26, davon je 2 Ankermanöver
Ein- und Ausklarieren beim Zoll: 21 x
Besonderheiten:
1 Fenderverlust,
2 Festmacherleinen gerissen,
1 Riss im Großsegel,
1 * Seilreste aus dem Hafenbecken in die Schraube bekommen
(Tauchen und Freischneiden),
Elektronikausfall,
Undichtigkeit im Decksbereich
Sonstiges: 3 h Solo - MOB-Übungen bei ca. 2,20m Welle und 4 Bft
durchgeführt (wenn man nur zu 2. fährt, ist das die
realistische Situation)
Vorbereitung und Törnverlauf:
Herausforderung war unerwarteterweise das Chartern eines
Schiffes für den Törn.
Die Charter-Agenturen haben alle abgelehnt, da sie niemanden
kannten, der in diesem großen Fahrtgebiet eine Yacht vermietet.
Nach 6 Monaten erfolglosen Anfragen habe ich dann auf der
Boot23 in Düsseldorf die auf den Azoren beheimatete PURESAIL-AZORES gefunden.
Mauro Castanheira, einer der Gesellschafter, ist selbst ein begeisterter Segler und sein Partner, Duarte Tuga, segeln und überführen Schiffe aller Größen zwischen den Meeren. Beide erfahren und sofort von der Idee auch begeistert. Der Preis war schnell ausgehandelt und Details haben wir per WhatsApp und final anlässlich der Boot24 abgestimmt. Dinge wie Ersatzteile, Werkzeug, Boardapotheke, Reparatur-Material für Segel, Bettzeug/Handtücher, WLAN-Anbindung an den Plotter, Erweiterung des Fahrtgebietes für die Versicherung auf Madeira, usw. wurden im Februar bei einem Abendessen in Düsseldorf geklärt.
Am 24.03.2024 ging es dann los. Ankunft mit dem Flieger in
Ponta Delgada. Übernahme der Segelyacht URZE , Einkaufen und am
Abend setze ich die Segel.
URZE ist eine Bavaria Cruiser 41 mit 12.30 Länge,
Einleinen-Reffsystem für das Großsegel und Roll-Genua, 3
Kabinen, 2 Waschräume, 2,05m Tiefgang und ca. 7 t Gewicht mit
Baujahr 2016. Autopilot von Raymarine und alle anderen
Komponenten von Garmin incl. aktivem AIS. Internes Netzwerk mit
NMEA2000-System und WLAN auf dem Gramin-Router (zur Nutzung der
Active-Captain-Software von Garmin - kostenfrei).
Erste Etappe zum Kennelernen des Schiffs und des Atlantik: Ponta Delgada -> Angro do Heroismo (Insel Terceira) - ca. 95 sm - solo. Mein Mitfahrer hatte sich dazu entschieden, mit dem Flugzeug nach Terceira zu fahren, da er unsicher war, ob im die Überfahrt nicht zu Beginn etwas zu lange dauern würde und es sollte sich zeigen, dass diese Entscheidung auch sinnvoll war, denn er war dauerhaft seekrank, so dass ich ihn auch früher von Board gehen lassen musste.
Also Einhand, Nachtfahrt, Wind bei 4-5 Bft und 14h waren das Intro meiner 6 Wochen Azoren/Madeira-Tour.
Es kam aber noch mehr dazu. Bis zur 2 Woche hatte ich viele von den Dingen praktisch erleben dürfen, die ich in der SSS-Ausbildung alle mehrfach durchgearbeitet hatte. Insofern war ich nicht unvorbereitet und die Abstimmungen, Trainings bzgl. Motorkunde und Boardelektronik waren sinnvoll investierte Vorbereitungen. Danke hierfür an Robert von der Yachtschule Eichler, Hamburg-Finkenwerder. Die SSS-Ausbildung war anstrengend, aber inzwischen erkenne ich deren Bedeutung und Notwendigkeit.
Von Terceira aus sind wir zu zweit nach Graciosa
(Fischereihafen von Praia) gefahren. Dort konnten wir aber nur
bis zum Morgen bleiben. Die lokalen Fischer haben uns wg.
aufkommendem Sturmtief mit Wellen von über 8 m drigend geraten
einen sicheren Hafen anzulaufen. Den Rat eines lokalen Fischers
sollte man überall ernst nehmen, hier ganz besonders, denn 8 m
Wellen sind auch für eine 41-Fuss-Yacht eine Herausforderung.
Wir sind bei 6 - 7 Bft rüber nach Horta (Insel Fajal) gesegelt
und die Wellen war zu dem Zeitpunkt erst ca. 3 m hoch. Aber
auch das war schon beeindruckend.
In Horta hieß es abwarten. Der Sturm dauerte 3 Tage und bei
einer der großen Nachbar-Yachten hat es mehrere Fender
aufgerieben. Andere haben den Hafen verlassen und sind vor
Anker gegangen.
Wir haben uns eine Salmonellen-Vergiftung eingefangen und
hätten insofern die 3 Tage auch kaum anders verbringen
können.
Der Bekannte war nur für 6 Tage an Board eingeplant und ich
fuhr dann mit Adrién, einem Mitsegler aus dem Kiel-Brest-Törn
über Santa Maria rüber nach Madeira.
Auf dieser Strecke lief Wasser über eine undichte Stelle ins
Boot, was in Santa Maria noch repariert werden konnte. Das
Wasser verursachte aber dann auf dem Weg nach Madeira am 2. Tag
einen Totalaufall des NMEA2000-Boadnetzes. Damit waren AIS,
Autopilot, GPS und Windex nicht mehr vorhanden und wir mussten
die Überfahrt letztlich manuell segeln. Bei konstanten 4-5 Bft
mit Wind querab war das gut zu machen.
Es war aber eben deutlich anstrengender als geplant. 3 h-
Wachschichten waren dann auch ausreichend und jeder von uns
beiden freute sich danach auf ein wenig Ruhe bis zur nächsten
Schicht.
Frachter, die uns kreuzten haben wir per Funk (VHF) auf uns
aufmerksam gemacht, da wir ja kein AIS-Signal mehr gesendet
haben. Auch das hat gut funktioniert. Auf Radar waren wir
sichtbar. Ich hatte noch einen zusätzlichen Radar-Reflektor im
Achterstag installiert.
In Madeira war Crew-Wechsel und dann ging es mit Susanne und Monika, einer meiner Töchter und ExFrau nach einer Inselbesichtigung mit Leihwagen dann rüber auf die Nachbarinsel Porto Santo (sehr sehenswert) und zurück auf die Azoren nach Santa Maria. Der Wind hatte inzwischen gedreht und wir hatten nahezu achterlichen Wind. Besser ging es dann kaum. Das Elektronik-Problem hatte sich durch Austrocknen in Madeira am Tag nach der Ankunft von selbst erledigt. Mauro hat dennoch einen Techniker organisiert, der in Madeira die Elektronik überprüft hat und nochmal alles gechecked. Wir konnten also ohne Bedenken den Rückweg antreten.
Aber auch hier hatte leider ein Crew-Mitglied dauerhaft Probleme mit dem Kreislauf und blieb nahezu 3 der 4 Tage unter Deck liegen. Zum Glück war meine Tochter fit, denn die war als 2. Wache eingeplant und so begeneten uns Buckelwale und zahlreiche Delphine auf einer sonst unbeschwerten Überfahrt.
Zurück in Ponta Delgada begann dann ab der 4. Woche meine Solo-Segelzeit, seit der ich jetzt Einhand unterwegs bin und mir sämtliche Inseln nochmals in Ruhe anschaue. Nachts fahre ich die Überfahrten zwischen den Inseln und nutze die Tage zur Besichtigung. Schlafen, wenn die Gelegenheit dazu ist. Die Entfernungen zwischen den Häfen sind alle jeweils Tagestouren bis hin zu 18h.
Inzwischen bin ich wieder zurück und werde die zahlreichen
Fotos und Videos versuchen in sinnvollen Stücken
zusammenzufassen und hier oder auf YouTube bereitzustellen. Die
Eindrücke und Erfahrungen aus dieser Zeit lassen sich aber nur
schwer darstellen.
Eine wesentliche Erkenntnis für die Azoren ist: Hier gibt es
(ausgenommen von Ponta Delgada u. Horta) keine großen Häfen,
teilweise nur 2-3 Gastlieger-Plätze. Der persönliche Kontakt zu
den Hafenmeistern ist wichtig und vor der Abfahrt sollte man
sich unbedingt schon beim nächsten Hafen ankündigen und die
jeweils aktuellen Handy-Nummern der Hafenmeister geben lassen.
Das, was dazu im Internet steht, ist eher nicht hilfreich. Die
Messe BOOT in Düsseldorf ist für Infos zu empfehlen. Dort gibt
es einen Azoren-Stand mit u. a. Portos dos Azores, der
zentralen Hafengesellschaft, denen fast alle Häfen auf den
Azoren gehören. Hier sind auch immer 2 Hafenmeister auf der
Messe, die ihre Häfen kennen und gute Infos und Kontaktdaten
geben.
Tiefenangaben zu den Häfen ab 2.10 m Tiefgang immer vor Ort klären. Es gibt zwar nur ca. 1,20 Tidenhub, aber die Häfen sind mit großen Steinen bestückt und bei Einfahrt Nachts ist eine Abklärung möglicher Anlegestellen notwendig. Und von den Molenköpfen immer mind. 10 m Abstand halten. Dort liegen riesige Betonblöcke kurz unterhalb der Wasseroberfläche ohne Betonnung. Also nicht zu eng an die Molenköpfe heran.
In den meißten Häfen sind Schwimmstege vorhanden. Es gibt keine Anlege-Richtung. Jeder so, wie es vom Wind und den Vorbereitungen her passt. Auf Flores, auf Pico und im Fischereihafen von Terceira ist jedoch nur die Hafenmauer verfügbar. Hier sind lange Leinen notwendig (20m und mehr), um das Boot im Schwell und zum Ausgleich der Tide ruhig zu halten. Mich hat es 2 Leinen gekostet, die durchgescheuert sind. Das weiss aber auch der Vercharterer und nimmt solche Schäden bei Rückgabe sehr gelassen.
Segeln auf den Azoren ist eine Welt für sich und man sollte sich ein wenig vorbereiten. 2 Jahre sind übertrieben, aber 4-6 Monate vorher wäre eine sinnvolle Zeit, um auch die Informationen zu sammeln, die ihr für den Notfall benötigt.
Wenn Ihr Fragen habt, meldet Euch gerne per Email.
Gruß
Ulrich